Modern Times:
Alles wird zur Chefsache

Bruno Sauter

Unternehmer, Konsulent und ehemaliger Chef des kantonalen Amts für Arbeit (AWA)

Heute sollen sich die Chefinnen und Chefs einer Unternehmung zwingend – so die Medien und in deren Schlepptau dann die Politik und oft genug auch findige Berater – um alles kümmern: Unternehmenskultur, Genderfragestellungen, Integration von IV-Bezügern und Flüchtlingen, Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Gesundheitsschutz, Corporate Governance, Corporate Social Responsibility, Interne Kontrollsysteme, Cybersecurity und Datenschutz. Sogleich wird aus dieser Zuständigkeit der Führungsetage dann eine gesellschaftliche Verantwortung für all die konzertiert eingetragenen Fragestellungen eingefordert.

Und jede Führungskraft kennt als Resultierende die seitenlangen Berichte sowie Audits, die zu belegen haben, dass die Abwesenheitstage dank betrieblichem Gesundheitsmanagement sanken, die Frauenquote in Führungsfunktionen dank akribischem Monitoring zunahm und der CO2-Ausstoss nach Millioneninvestitionen – oder Verlagerung ins Ausland – trotz höherer Produktion gleichblieb.

Die Komplexität der Fragestellungen zwingt Führungskräfte heute zur Fokussierung, und diese ist gerade in der Politik jeweils tagesgültig und kann durchaus sprunghaft wechseln. Da, wo vor wenigen Monaten Investitionen in den Wechsel auf Gas oder Strom propagiert wurden, darf nun aus betrieblichen Überlegungen der Dieselgenerator nicht fehlen. Da, wo gesetzliche Vorgaben den Umsatz schmälern (z.B. Corona), hätte halt der Chef frühzeitig sein Riskmanagement anpassen und entsprechende Massnahmen antizipieren müssen. Auf allen Stufen der Verwaltung in Gemeinden, Kantonen und Bund werden so politisch getrieben jährlich Tausende von Seiten mit neuen, teils absurden Vorgaben von findigen Fachleuten geschrieben, eingefordert und dann auch noch kontrolliert.

Und jedwelche Nichtigkeit wird auf der 13. Kommastelle perfektioniert. Selbst der in 200 Jahren vielleicht einmal eintreffende, unwahrscheinliche Fall wird im Detail noch geregelt. Selbstredend wird in den Unternehmen vieles, was ökonomisch Sinn macht, im Sinne von geplanten Veränderungen aufgenommen werden. Und dass die Vorgesetzten sich auch fragen, mit welchem unternehmerischen Spielraum diese umgesetzt werden, scheint weiterhin logisch.

Ein mediales Hecheln aufgrund meist kleiner, aber lauter Interessensgruppierungen muss jedoch nicht zwingend immer zu neuen Vorgaben, Regulierungen und Markteingriffen führen. Verantwortungsbewusste Vorgesetzte denken unternehmerisch an Opportunitäten, an ihre Unternehmung, die Mitarbeitenden und den möglichen Erfolg. Und wenn dann noch Zeit bleibt, bitte an ihre Gesundheit – denn auch diese ist Chefsache.

Bruno Sauter

Unternehmer, Konsulent und ehemaliger Chef des kantonalen Amts für Arbeit (AWA)

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