Verwaltungsgericht kippt Mindestlöhne

Gewerbeverbände und Handelskammer in Winterthur und Zürich haben vom Verwaltungsgericht recht erhalten: Die Beschwerden gegen die via Verordnungen in Winterthur und Zürich geplanten Mindestlöhne wurden gutgeheissen.

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Mindestlöhne für einzelne Gemeinden einzuführen, ist gemäss Verwaltungsgericht nicht rechtens.

Im Juni 2023 stimmten die Stimmberechtigten in den Städten Zürich und Winterthur der Einführung von kommunalen Mindestlöhnen zu. In Zürich hätte der Mindestlohn 23.90 Franken pro Stunde, in Winterthur 23 Franken betragen sollen. Das Verwaltungsgericht hob nun aber den Entscheid auf, indem es die Beschwerden gegen die entsprechenden Verordnungen guthiess. Gewehrt hatten sich in Winterthur die Handelskammer und Arbeitgebervereinigung Winterthur (HAW) sowie der KMU-Verband Winterthur und Umgebung, in Zürich der Gewerbeverband der Stadt (GVZ).

Weder die Verfassung des Kantons Zürich noch das kantonale Sozialhilfegesetz geben den Gemeinden Raum, um zur Vermeidung von Armut in privatrechtliche Arbeitsverhältnisse einzugreifen. Die Verordnungen zur Einführung eines Mindestlohns verstossen damit gegen kantonales Recht.

Rechtlich nicht durchsetzbar

Die Beschwerdeführer hatten geltend gemacht, dass die angefochtene Mindestlohnverordnung gleich in mehrfacher Hinsicht gegen übergeordnetes Recht verstosse: Mindestlöhne seien primär Aufgabe der Sozialpartner sind und kommunale Lösungen weder zulässig noch sinnvoll.

Zum einen stelle der Mindestlohn gemäss den Beschwerden einen unverhältnismässigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit dar und verletze das Gebot der Gleichbehandlung direkter Konkurrenten bzw. das Rechtsgleichheitsgebot.

Zum anderen verstosse der Mindestlohn gegen Bundesrecht, da er keine sozialpolitische Massnahme im Sinn der höchstrichterlichen Rechtsprechung darstelle, sowie gegen kantonales Recht, da es sich dabei nicht um eine typisch lokale Angelegenheit handle. Weiter verstosse die Verordnung gegen das Binnenmarktgesetz und die Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen. Ferner erwiesen sich die Kontrollbefugnisse als unzulässig.

Das Verwaltungsgericht teilt nun diese Meinung. Regeln zum Mindestlohn sind nur auf kantonaler Ebene möglich. Eine kommunale Regelung würde zudem zu einem Flickwerk führen, welches nicht nur bezüglich Vorschriften, sondern auch insbesondere bei der Umsetzung zu komplizierten bürokratischen Hürden führen würde.

Unabhängig vom Urteil vertreten die rekurrierenden Verbände die Haltung, dass Lohnmissbräuche verhindert werden müssen, um so weiter steigende Sozialausgaben zu vermeiden. Es bleibe wichtig, dass alle Marktteilnehmer die Gesamtarbeitsverträge einhalten und angemessene Löhne bezahlen.

«Geht uns um die Bürokratie»

Offen war noch bei Redaktionsschluss, ob die Städte Rekurs beim Bundesgericht eingereicht haben. Aber Nicole Barandun, Präsidentin des GVZ, ist froh über das erreichte Etappenziel. «So einfach durfte man das nicht erwarten. Wir waren schon der Überzeugung, dass unser Standpunkt rechtlich standhält. Aber es gab in letzter Zeit vereinzelt Urteile, die klar von einer politischen Haltung durchdrungen waren. So bin ich froh, dass sich das Verwaltungsgericht auf die rechtlichen Grundlagen abgestützt hat.»

Von den Mitgliedern des GVZ wären zwar kaum KMU betroffen gewesen, da auch in Niedriglohnberufen gelernte Angestellte höhere Löhne hätten als die geforderten 23.90 Franken pro Stunde. «Auf dem Platz Zürich muss man sowieso einen guten Lohn zahlen. Aber das Problem ist, dass auch jene geprüft worden wären, die mehr als den Mindestlohn gemäss GAV zahlen. Die Städte signalisierten: Sie sind gewillt, jeden zu prüfen. Und das hätte einen riesigen bürokratischen Aufwand bedeutet. Uns geht es vor allem darum, dass uns nicht neue Kontrollen auferlegt werden, die nicht nötig sind – und nun, wie sich herausstellte, auch nicht rechtens», sagt Barandun. In Zürich wurde von der Vergabe an eine externe Stelle gesprochen, was sogar einer Gewerkschaft die Kontrollen ermöglicht hätte.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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