Mehr Freizeit, mehr Klos

Ernährung, Verdauung, Notdurft und Klima. Alles hängt irgendwie miteinander zusammen. Und einiges, was man im Kontext dieser «menschengemachten» Themen in der Schweiz zu regulieren versucht, fand Eintrag in eine ganz besondere Shitliste: Die Nomination zum «Rostigen Paragrafen» nämlich.

Dieses Jahr fielen besonders die Grünen und deren zeitloses Dogma auf: Die Wirtschaft ist klimaschädlich – gutes Arbeitsklima hin oder her. Oder anders: Wer arbeitet, schadet dem Klima. Wer mehr Freizeit hat, muss demzufolge ökologischer unterwegs sein. Am liebsten mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, um in der neu gewonnen Freizeit Billigflüge in Länder zu unternehmen, wo die Menschen nett und arbeitsam sind und keine Freizeit kennen. Dass wir nicht alle in einem Kohlebergwerk malochen oder in den Raubbau von Urwäldern involviert sind, ist da vernachlässigbar. Jedenfalls glaubt der Grüne Nationalrat Balthasar Glättli, dass weniger Arbeiten (und pendeln) und mehr Freizeit gut fürs Klima ist. Beziehungsweise, er hatte den Bundesrat in einem Postulat damit beauftragt, den Effekt prüfen.

«Rostiger Paragraf»

Das brockte Glättli beim Schmähpreis «Rostiger Paragraf» glatt einen Erdrutschsieg für den unnötigsten politischen Vorstoss ein. Aber ohne Arbeit keine Innovation – und keine grünen Technologien. Verstopfte Strassen, verstopfte Menschen. Ein anderer Grüner Vorstoss, der sich mit dem menschlichen Ausstoss anderer Art beschäftigte, landete auf Platz 3 beim «Rostigen Paragraphen». Gern setzen die Grünen Duftnoten bei der Frage nach öffentlichen Toiletten, sei es bezüglich deren Dichte oder Sauberkeit. War es in der Stadt Zürich noch vor zwei Jahren ein Katasterplan für «Hundezonen», welchen Stadträtin Karin Rykart eine Nomination für den «Rostigen Paragrafen» bescherte, so forderten die beiden Grünen Gemeinderäte Anna-Béatrice Schmaltz und Urs Riklin nun «Offene Toiletten für alle». Konkret sollen Toiletten von Restaurants und Ladenschäften künftig für jedermann kostenlos und ohne Konsumationspflicht zugänglich sein. Dies trotz dem «Masterplan Züri WC» und 107 öffentlichen Toiletten-Anlagen in der Stadt.

WC-Kommunismus

Man ahnt es: Die IG Freiheit fand den Vorschlag der Gastro-Klos – mit Verlaub – Kacke. Auch Gastronom Markus Segmüller legte seinen Standpunkt dar: Er lasse auf Anfrage jeden aufs WC – auch ohne Kaufzwang. Aber weil er im Fine-Dine-Segment tätig ist, würde er «wegen dem zu erwartenden Gläuf» nicht freiwillig bei einer Öffnung der Toiletten für alle mitmachen. Das Postulat ist in Zürich nicht chancenlos: Die Forderung, den Harndrang ohne Kaufzwang in Läden und Restaurants auszuleben, wurde an den Stadtrat überwiesen. Man darf gespannt sein, ob der Verwaltungsapparat, der ja sonst so gerne an Verstopfungen leidet, voranschreitet mit dem WC-Kommunismus. Und um aufs Klima zurückzukommen: Der Tenor der Gastronomen lässt vermuten, wie aufgeheizt das Klima in den frei zugänglichen Gastro-Klos bei viel Andrang wäre.

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