Logistiklösungen machen das Einkaufen in der Stadt attraktiver

Onlineshopping und städtische Massnahmen gegen den Individualverkehr bringen den stationären Handel in Bedrängnis. Logistiklösungen könnten das Problem entschärfen.

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Einkaufen muss auch in der Stadt attraktiv bleiben.

Durch die zunehmende Verbannung der Autos aus den Innenstädten haben die Konsumentinnen und Konsumenten immer mehr ein Problem. Eine Kaffeemaschine oder einen Staubsauger mit Tram und Zug nach Hause zu transportieren ist nicht gerade angenehm. Dann doch lieber durch den Onlineshop klicken und sich die Geräte bequem nach Hause liefern lassen. Oder, für den stationären Handel noch schlimmer: Sich von den Fachleuten im Laden beraten lassen und dann zum günstigsten Preis online bestellen. Aber auch der Onlinehandel kommt zunehmend unter Druck, weil immer mehr Schweizerinnen und Schweizer im Ausland bestellen und zunehmend sogar auf chinesischen Plattformen – so entgehen dem einheimischen Markt über zwei Milliarden Franken Umsatz.

Das zeigt: Die Massnahmen der Stadtregierungen verändern das Einkaufsverhalten nicht. Die Konsumenten wechseln nicht aufs Lastenvelo und sind nicht bereit, schwere Güter durch die Strassen zu schleppen. Für die Läden in der Innenstadt sind weiterhin eine genügend grosse Anzahl an Gewerbeparkplätzen sowie Parkplätze für die Kundinnen und Kunden nötig, zudem müssen Lieferwege in und aus der Stadt gut zugänglich bleiben.

Lösungen nur als Theorie

Gefragt sind aber auch logistische Lösungen, die sicherzustellen, dass die Einkäufe möglichst schnell zu den Wohnorten der Kunden gelangen können, um diesen sozusagen den Fünfer und das Weggli anzubieten: Das Einkaufserlebnis, die fachliche Beratung und die Hauslieferung innerhalb weniger Stunden.

«Dafür gibt es bereits eine Lösung, aber leider nur in der Theorie», sagt Jan Pfenninger, Leiter Marketing und Kommunikation der Planzer Transport AG. Das sogenannte Shop & Drop-Konzept, das in dieser Zeitung bereits vor drei Jahren vorgestellt wurde, hat das Ziel, dass die Lieferung der Einkäufe wenige Stunden später an die Kundeninnen und Kunden ausgeliefert würden. «Schwerere oder sperrigere Einkäufe in der Innenstadt werden nach dem Bezahlen im Geschäft deponiert und durch dieses über ein Portal zur Abholung angemeldet. Die Kunden signalisieren das Ende ihrer Einkaufstour digital, woraufhin ein Paketservice die Artikel abholt und mit weiteren Gütern aus zentralen Lagern kombiniert», ergänzt er. Der nächste Schritt wäre nun, dass jemand den Lead übernimmt und die Interessen des Gewerbes, den Ladenbesitzern, dem Detailhandel und der Stadt koordiniert.

Online nicht nur Konkurrenz

Dominique Zygmont, Geschäftsleiter der Cityvereinigung Zürich, sieht Onlineshopping nicht unbedingt nur als Konkurrenz, sondern als auch Ergänzung des Angebotes des stationären Detailhandels. «Offensichtlich ist, dass Ladengeschäfte eine persönlichere und emotionalere Umgebung bieten als digitale Kanäle. Viele Menschen schätzen nach wie vor, wenn sie Produkte begutachten oder probieren können», meint er. Vielfach würden hier stationäre und digitale Kanäle verschmelzen. Die Bedürfnisse nach Lieferlösungen vom Ladengeschäft bis an die Haustüre seien sehr unterschiedlich. Für weitergehende Ansätze der koordinierten Paketlogistik vom Ladengeschäft zu den Kunden nach Hause fehle offenbar die Nachfrage. Deshalb sei er eher skeptisch, ob sich eine weitere Koordination der städtischen Logistik auf dem politischen Weg durchsetzen liesse.

Roboter nicht geplant

Müssten im Rahmen der digitalen Transformation nicht bald Roboter und autonom gesteuerte Fahrzeuge, klug gesteuert durch künstliche Intelligenz, die Lieferungen übernehmen? Jan Pfenninger winkt ab: «Gegenüber einem Einsatz von Robotern für Lieferungen sind wir skeptisch und planen aktuell keine Projekte.» Es werde noch lange dauern, bis Roboter und autonom fahrende Fahrzeuge eine wesentliche Rolle in der City-Logistik spielen könnten. Im Bereich des vollautomatisierten Fahrens starte aber bald ein länger dauerndes Pilotprojekt. Und im Flottenmanagement werde künstliche Intelligenz unter anderem für die Simulation von verschiedenen Verkehrssituationen genutzt, um die optimalen Routen festzulegen.

Unterschiedlichste Interessen

Die Ansprüche, die an dieses Konzept gestellt werden, sind hoch und es muss verschiedenste Interessen berücksichtigen. Ladenbesitzer und Dienstleister sind auf eine lückenlosen Versorgung angewiesen, Stadtbewohner wollen möglichst wenig Lärm und Emissionen, Transportunternehmen wiederum wollen effizient arbeiten, ihren CO2-Fussabdruck reduzieren und wettbewerbsfähig bleiben. Und den politischen Mehrheiten in den Städten ist das Auto ein Dorn im Auge – egal ob es mit Treibstoff oder einer Batterie betrieben wird – und bauen möglichst viele Parkplätze ab.

Bis solche zukunftsgerichteten Konzepte umgesetzt werden können, gilt es in der derzeitigen Situation, die Möglichkeiten zu nutzen, Transporte in den Agglomerationen nachhaltiger und effizienter durchzuführen. Auch die Planzer Transport AG arbeitet an diesen Lösungen. «Letzten Sommer waren wir mit einem elektrischen Zustell-Kleinfahrzeug mit Wechselbox-Aufbau und Anhänger in den schmalen Gassen der Zürcher Innenstadt unterwegs, um Pakete auszuliefern. Der Pilotbetrieb war erfolgreich und wir werden das Projekt weiterentwickeln», sagt Jan Pfenninger. Seine Vision sei aber nach wir vor, das Shop & Drop-Konzept umzusetzen – ergänzt mit vollautomatisiertem Fahren.

Gerold Brütsch-Prévôt

Redaktioneller Mitarbeiter Zürcher Wirtschaft

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