New Work, Generation Z und der Detailhandel

Sind die Generationenkonflikte auch Chancen für ganz neue Arbeitsmodelle und Arbeitsmethoden? Beim jüngsten KMU-DATE im Hasler Proficenter diskutierte Moderatorin Regula Späni mit ihren Gästen über die Generation Z, flexibles Arbeiten, Homeoffice und Verantwortung.

Bild Markus Aeschimann

Blick aufs «Aufnahmestudio» in den Hallen des Hasler Proficenter.

Bild Markus Aeschimann

Kamera läuft: Bei der Aufzeichnung mit Moderatorin Regula Späni (stehend).

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Links Initiantin Karin Leuch, Karikaturistin Agnes Avagyan und Moderatorin Regula Späni.

Bild Mark Gasser

Bei der Aufnahme des KMU-DATE. Im Hintergrund Projektleiterin Karin Leuch am Mikrofon.

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Die Teilnehmenden am Podium mit Moderatorin Regula Späni (2. von rechts).

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Karikaturistin Agnes Avagyan bannte die Protagonisten auf Papier.

Eigentlich ist die Sendung im hell erleuchteten Hasler Proficenter in Winterthurs Industriegebiet längst im Kasten. Doch das Intro wollen Produzentin Karin Leuch und Moderatorin Regula Späni für die verschiedenen Kanäle, auf denen die Sendung laufen wird, einzeln filmen. Da muss jeder Satz sitzen. Nach dem ungefähr 10. Abbruch sagt Späni selbstironisch: «Hei, han ich de Schnurrepfluderi.» Dann passt alles. «Bisch zfriede Chefin?», fragt sie Leuch mit einem Augenzwinkern.

Späni erklärt dem zahlreich erschienenen Publikum, das aktiv mitmacht und immer lautstark klatscht: Sie sei nach so einer Talksendung jeweils so ausgepo-wert, dass sie sich gegen Ende nicht mehr konzentrieren könne. Man verzeiht es ihr: Die vorangegangene Diskussion war intensiv gewesen und nicht selten von kontroversen Ansichten zur Generation Z, deren Ansprüchen und den Erwartungen der Arbeitgeber geprägt. Der Titel der mittlerweile vierten Sendung der Serie «KMU- DATE», die auch vom KGV unterstützt wird: «New Work und
Gen Z – wie meistert der Detailhandel aktuelle Herausforderungen?» Ein aktuelles Thema, das angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels nicht so schnell verschwinden wird, ist zumindest einer der Podiumsteilnehmer, Yannick Blättler, überzeugt. Er ist Gründer und Inhaber der auf die Gen Z spezialisierte NEOVISO AG, die Studien zu den 14–27-Jährigen durchführt und Unternehmen im Umgang mit der jungen Zielgruppe berät.

«Ich finde, man muss nicht alles den Erwartungen der Gen Z anpassen, sondern vielmehr die Vision, die Philosophie des Betriebs vermitteln.»

Nina Pirku, Verkaufsleiterin Beck Lyner, Winterthur

Die zwei weiteren Protagonisten der Sendung: Gastgeber Christof Hasler, Geschäftsleiter und Mitinhaber der Hasler-Gruppe, die schweizweit über 270 Mitarbeitende und 20 Lernende beschäftigt. Im vergangenen Jahr hat er unter anderem die 4-Tage-Woche im Detailhandel in Winterthur, fünf Wochen Ferien für alle Mitarbeitenden sowie den Kauf einer weiteren Ferienwoche eingeführt.

Dritte Podiumsteilnehmerin ist die erst 29-jährige Nina Pirku, Verkaufsleiterin bei Beck Lyner in Winterthur. Sie macht schnell klar, dass in ihrer Branche Flexibilität, wie sie viele mit der gleitenden Arbeitszeit anstrebten, kaum möglich sei. Die Vorstellungen und Forderungen der Gen Z könnten nicht immer erfüllt werden. Wo denn das Problem sei, fragt sie Späni: «Der Laden muss um sechs aufgehen, dann beginnt man um 5 Uhr. Da kann man nicht einfach gleitende Zeiten einführen oder immer am Wochenende frei haben. Der Verkauf am Wochenende ist gang und gäbe, bei uns sogar am Sonntag», so Pirku. Und wenn jemand immer später beginnen wolle, müssten andere dies auffangen. «Das wird immer jemand sein, der nicht Generation Z ist. So finde ich, man muss nicht alles den Erwartungen der Gen Z anpassen, sondern vielmehr die Vision, die Philosophie des Betriebs vermitteln.» Wenn jemand einen Frühdienst wünsche, sei das kein Problem. Abtauschen sorge dafür, dass die Mitarbeiter an die Work-Life-Balance herankämen, so weit es die Branche zulasse. Wertschätzung könne man im Übrigen auf unterschiedliche Art entgegenbringen, etwa in Form von Aufstiegsmöglichkeiten.

Aufwachsen mit dem Tablet

Christof Hasler meint versöhnlich, jede Generation habe ihre Bedürfnisse. Und die Generation Z profitiere nun eben vom vorhandenen Wohlstand. Bei der Bedürfnisabklärung müssten beide Seiten – Arbeitnehmer und -geber – einander abgleichen.

Gerade die jungen Berufsleute sind von einer sich rasant verändernden Technologie geprägt. Das schürt auch Ängste. Besorgte Voten kamen aus dem Publikum zur Reizüberflutung, zur nächsten Generation Alpha, die mit dem Tablet aufwachse und scrollen und swipen könne, bevor sie spreche. «Wie wollen wir digitale Unternehmen auf die Beine stellen, und der Generation Alpha irgendwann ermöglichen, wieder offline-time zu verbringen», fragte ein Gast. Yannick Blättler riet, bestimmte Orte mit Offline-Zeit zu verbinden: Etwa beim Essen, Sport, etc. Das sei eine Frage der Disziplin. 53 Prozent der jungen Leute machten sich tatsächlich Sorgen um ihre mentale Gesundheit.

Blättler gab zu bedenken, dass es durchaus andere Beispiele gebe: In Deutschland habe eine Bäckerei, die erst um 11 Uhr aufgeht, viel Erfolg. «Das Bäckereigeschäft ist nun mal ein Morgengeschäft», insistierte Nina Pirku. Im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs müssten Bleibende aber gefördert werden. «Es ist viel schöner, wenn sie bleiben, statt das, was sie gelernt haben, woanders ausüben.»

Blättler gab auf eine Frage von Hasler, wie man Junge dazu bewege, länger als ein oder zwei Jahre im Betrieb zu bleiben, einige Anhaltspunkte: Weiterbildung, neue Skills und Flexibilität vorzuleben sei wichtig. Auch Wertschätzung, eine gute Betriebskultur und Instant Feedback spiele für Junge eine wichtige Rolle. «Aber vielleicht bleibt es schon etwas Utopie, dass sie dann auch 10 Jahre bleiben.»

Sinn in der Arbeit sehen

A propos Schnelligkeit: Studien besagen, die Gen Z wähle den Arbeitsmarkt aus wie Tinder. Weil alles so schnell gehe, werde es einem schnell langweilig. Aber muss sich die Wirtschaft dem Schnellen, Hippen anpassen? Für Blättler ist die schnelle Interaktion beim Rekrutierungsprozess tatsächlich wichtiger geworden.

Weiter müsse den Jungen stets die Sinnhaftigkeit ihres Tuns klargemacht werden – den Zweck der Tätigkeit in der ganzen Produktionskette. Das bedeute zuweilen auch, dass sie im engen Austausch seien mit Vorgesetzten und mit älteren Mitarbeitenden. Und der Austausch im Team sei wiederum wichtig, um besser zu verstehen, «wieso sie das machen». Auf Unternehmensebene sei allgemein die Teamvision wichtig: Wo wollen wir in zwei, drei Jahren hin? Im Gegenzug würde er «die ganzen Jahresgespräche bei den Jungen sofort kübeln», meinte Blättler plakativ. Auch wenn ihre Resilienz bislang kaum auf die Probe gestellt wurde: Die Jungen seien absolut bereit, «mit den richtigen Rahmenbedingungen Gas zu geben».

Individuelle Lösungen zu finden, brauche Zeit, sei aber spannend, und wenn es klappe, habe man als Unternehmer gewonnen. Schliesslich sei er als CEO ja Chief Emotional Officer, meinte abschliessend Christof Hasler schmunzelnd, als die Karikaturistin Agnes Avagyan ihm ein farbenfrohes, live angefertigtes Andenken des Podiums überreichte.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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