Karrierewirksame Berufstitel

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, beruflich Karriere zu machen. Denn, das Schweizer Bildungssystem ist durchlässig und alles in allem ein Erfolgsmodell. Unschön ist allerdings die Ungleichbehandlung und teils Geringschätzung für die Berufsleute der höheren Berufsbildung.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, beruflich Karriere zu machen. Vereinfacht gesagt, kann der Berufsweg über das Gymi und die Universität in den Beruf erfolgen. Oder mit einer Lehre und einer höheren Fachprüfung respektive einer Meisterprüfung der höheren Berufsbildung. Oder aber über eine Lehre mit Berufsmatur an einer Fachhochschule. Zudem ist das ganze System durchlässig und alles in allem ein Erfolgsmodell. Unschön ist die Ungleichbehandlung und teils Geringschätzung für die Berufsleute der höheren Berufsbildung. Sie sind die Profis, die gesuchten Fachkräfte, der mittleren und oberen Kader von KMU. Sie sind es auch, die allenfalls den Weg in die Selbständigkeit suchen und viel zum grossen Erfolg und zur Stabilität der Schweizer Volkswirtschaft beitragen. Sie haben die neuen Techniken im Griff, weil sie ihr Handwerk von der Pike auf kennen – und zusätzlich zur Praxis auch die Theorie. Dumm ist nur, dass ihre Titel als Schreiner- oder Malermeister in der heutigen Zeit etwas hausbacken daherkommen. Dies ist insbesondere dann ein Problem, wenn man sich für Stellen im Ausland bewirbt oder ausländische CEO oder HR-Recruiter vor sich hat, die unser Bildungssystem nicht kennen. Abhilfe hätte der Titel Professional Bachelor oder Professional Master schaffen können. Leider wurden diese beiden Berufsbezeichnungen unlängst im Ständerat versenkt. Aus Unwissenheit? Aus akademischer Überheblichkeit?

Unerreichte Gleichwertigkeit

Seit den 90er-Jahren fordert der Schweizerische Gewerbeverband explizit die Anerkennung der Gleichwertigkeit und die Gleichbehandlung von beruflicher und akademischer Bildung. 2006 erreichte der sgv die Verankerung dieses Grundsatzes in der Bundesverfassung. Die Umsetzung verläuft allerdings harzig, wie das Beispiel zeigt. Auch wenn es um die Kosten der Ausbildungen geht, sind die Spiesse ungleich lang. Ein Semester an der Hotelfachschule in Luzern kostet 6000 Franken, ein Modul der zweijährigen Ausbildung zum Malermeister kostet total 7500 Franken. Die Semestergebühr für einen angehenden Ethnologen an der Uni kostet keine 1000 Franken. Die Beträge sagen mehr als alle Worte.

Inflationäre Titel


Zurück zur Titelthematik: Längst bieten Fachhochschulen und Unis inflationär Nachdiplomkurse an. Ohne die entsprechende Vorbildung geht es elegant zu einem CAS (Certifiacate of advanced Studies) oder einem Master, um den
CV «aufzupimpen». Viele Ausbildungen kratzen lediglich an der Oberfläche, anstatt in die Tiefe zu gehen. Ganz im Gegensatz zu den Ausbildungsbetrieben. Ohne die Bereitschaft dieser Lehrbetriebe, neben ihrer täglichen Arbeit den eigenen Berufsnachwuchs auszubilden, gäbe es bald keine duale Berufsbildung mehr. Und mit ihr die höhere Berufsbildung mit ihren Berufsleuten, die ihr Metier wirklich verstehen. Noch ist nicht aller Tage Abend. Von Wirtschaftsminister Guy Parmelin ist zu erwarten, dass er die Thematik des adäquaten Berufstitels eines Professional Bachelor resp. Master in einer neuen Runde nochmals aufs Tapet bringt. Recht so!

Thomas Hess

Geschäftsführer KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich KGV

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