Im Gebührendschungel des E-Geldes

In den letzten Jahren sind die Gebühren für elektronisches Bezahlen gestiegen – zum Leidwesen vieler KMU. Im Mai hat die Wettbewerbskommission nun die Gebühren für die Bezahlung mit der Debit-Mastercard gesenkt. Wie finden sich KMU im Gebühren-Dschungel des elektronischen Bezahlens zurecht? Eine Übersicht.

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Mit Plastikgeld zahlt’s sich einfach, kann aber beim Verkäufer hohe Gebühren verursachen.

Am Morgen, auf dem Weg zur Arbeit: 5 Franken für Gipfeli und Kaffee in einer Bäckerei, bezahlt mit einer auf dem Smartphone hinterlegten Debitkarte. Beim ersten Biss in den Gipfel meldet sich das schlechte Gewissen: Hätte ich wohl besser bar bezahlt? Verdient der Bäcker überhaupt noch was an diesem Kauf? «Die Bäckerei dürfte etwa 50 Rappen Gebühr bezahlen für diesen Einkauf», klärt Severin Pflüger, Geschäftsführer des Verbands Elektronischer Zahlungsverkehr, gegenüber Schweizer Radio und Fernsehen auf. Hätte der Einkauf 15 Franken gekostet, dann hätte die Transaktion den Bäcker vielleicht nur 65 Rappen gekostet. Mit einer physischen Debitkarte wäre der 5-Franken-Einkauf den Bäcker vielleicht zwanzig oder dreissig Rappen günstiger gekommen. Und mit der Kreditkarte wäre es dann wieder eher gegen 50 Rappen gegangen.

Die für den Bäcker günstigste elektronische Bezahlart: Wenn der Kunde selbst einen QR-Code an der Vitrine abfotografiert und den Betrag über die Twint-App eingegeben hätte. Gemäss Severin Pflüger hätte dies den Händler im 5-Franken-Beispiel bloss 5 Rappen gekostet. Bei anderen von Twint für Händler angebotenen Bezahlversionen, bei denen die Transaktionen über das Kassensystem des Händlers laufen, wären es rund 30 Rappen gewesen.

Convenience is King

Doch wie bezahlt die Schweiz heutzutage denn eigentlich? Gemäss dem Swiss Payment Monitor 2024 der Universität St. Gallen und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften hat die nicht-mobile Nutzung der Debitkarte (Debitkarte nicht auf dem Handy hinterlegt) ihre Spitzenposition der Zahlungsmittel beim Umsatzanteil ausgebaut: Mit 27.3 % Zahlungsmittelanteil nach Umsatz im Gesamtmarkt steht sie vor der Kreditkarte mit 19.6 % und dem mobilen Bezahlen mit 19.3 %. Auf dem vierten Platz kommt die gute alte Rechnung (15.8 %) und dann – erst auf dem fünften Platz – kommt das Bargeld mit 13.2 %.

Überblick schwierig

«Nur Bares ist Wahres», sagt hingegen der Messerschmied Werner Scherrer, Präsident des KMU- und Gewerbeverbandes Kanton Zürich KGV. Er betreibt in der Bülacher Altstadt ein Messergeschäft. «Wenn mit Bargeld bezahlt wird, dann bleibt alles in meiner Kasse», so Scherrer auf die Frage, welche Bezahlform ihm denn am liebsten sei. An für ihn zweitgünstigster Stelle stehe die Postcard. Diese verrechne seit Jahren eine faire Gebühr pro Transaktion. Danach kämen die Debit- gefolgt von den Kreditkarten. Das Schlusslicht bildeten die Twint-Zahlungen bei Verwendung auf ein Geschäftskonto. Das Problem beim elektronischen Bezahlen: «Ein Überblick ist für den Händler nicht wirklich möglich!». Jede einzelne Karte habe ihre speziellen Spielregeln – und nicht zu vergessen: «Neben den hohen Gebühren dürfen wir auch alle paar Jahre ein neues Gerät auf eigene Rechnung anschaffen.»

Kunde ist König

Dass Bargeld aus Händlersicht vielfach das kostengünstige Zahlungsmittel ist, bestätigt auch Dagmar Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation. Zudem werde die Bargeldzahlung auch nach wie vor von den Kunden gewünscht – insbesondere von denjenigen, die datensensitiv unterwegs seien. Doch letztendlich sind sowohl für Jenni als auch für Scherrer die Kundenbedürfnisse entscheidend für die Frage, welche Bezahlformen ein Geschäft schlussendlich anbiete. «Die passenden Karten sind für uns deshalb ganz einfach die, welche unsere Kunden einsetzen möchten», so Scherrer. Dem pflichtet Dagmar Jenni bei: «Der Kunde ist bekanntlich König. Folglich ist es daher auch für KMU fast unumgänglich, eine breite Palette der gängigen Zahlungsmöglichkeiten anzubieten.»

Nicht zu vergessen: Nicht für alle Händler fallen die hohen Gebühren derart ins Gewicht. «Grössere Händler haben insgesamt höhere Transaktionsvolumen, weshalb sie niedrigere Gebühren als die kleinen Händler offeriert bekommen», erklärt Michèle Lisibach, die beim Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) zuständig ist für das Dossier Handel. Darüber hinaus werden die Transaktionsgebühren gemäss Dagmar Jenni von Swiss Retail Federation zwar meist prozentual erhoben, seien aber gegen oben plafoniert. Die These: «Je kleiner der Betrieb, desto problematischer das elektronische Bezahlen» sei daher von der Tendenz her grundsätzlich zutreffend.

WEKO gegen Mastercard

Laut Dagmar Jenni sind die Händlergebühren gerade für KMU vielfach «empfindlich hoch». Dies, weil sie nicht über die Markmacht verfügten, individuelle Gebühren mit ihrem Zahlungsdienstleister auszuhandeln. «Hier kommen Pooling-Lösungen ins Spiel, wie sie etwa von der Swiss Retail Federation für ihre Mitglieder angeboten werden», so Jenni. Dank diesen könnten auch kleinere Detaillisten von attraktiven Gebührenkonditionen profitieren.

Auch für Michèle Lisibach vom sgv zählt vor allem eins: Dass die – in den letzten Jahren rasant angestiegenen – Gebühren im elektronischen Zahlungsverkehr für KMU sinken. Unlängst hat die Wettbewerbskommission (WEKO) die Gebühren für die Bezahlung mit der Debit-Mastercard gesenkt. Ist das die richtige Richtung? «Der sgv begrüsst den Handlungswillen der WEKO», sagt Lisibach. Allerdings würden die KMU mit diesem Entscheid noch nicht automatisch von tieferen Gebühren profitieren, denn: Die vom Händler zu bezahlende Kommissionsgebühr wird vom sogenannten Händlerbetreuer (Acquirer) erhoben. Dieser stellt den Unternehmen einerseits die Infrastruktur für Kreditkarten-Transaktionen zur Verfügung und legt andererseits auch die Höhe der vom Händler zu bezahlenden Kommissionsgebühr fest. Der Händlerbetreuer zahlt dann einen Teil dieser Händlergebühr weiter an die kartenherausgebende Bank (Interchange Fee) sowie einen weiteren Teil an die Kartenorganisation (Scheme Fee). «Eine Senkung der Interchange Fee bedeutet also in erster Linie eine Kostensenkung für den Händlerbetreuer», so Lisibach. Die Händlerbetreuer seien nun aufgefordert, diese Kostensenkung auch an die Händler weiterzugeben, indem sie die Gebührensätze reduzieren. Nur dann werden laut Lisibach auch die KMU von der WEKO-Regelung profitieren.

Undurchsichtige Tarife

Der sgv sieht bei den Kommissionsgebühren zudem zwei weitere wichtige Probleme: erstens der weitgehend fehlende Wettbewerb am Händlerbetreuer-Markt, zweitens die fehlende Transparenz bei der Gebührenstruktur.

Laut Lisibach gibt es aktuell im Schweizer Präsenzgeschäft de facto nur zwei Händlerbetreuer und somit praktisch keinen Wettbewerb. Deshalb könne auch keine faire Preisbildung bei den Kommissionsgebühren stattfinden. «Dies ist der Hauptfaktor, welche die Kommissionsgebühren für die KMU in die Höhe treibt», so Lisibach. Der sgv fordert deshalb den Einsatz wettbewerbsrechtlicher Mittel am Händlerbetreuer-Markt. Bezüglich der fehlenden Transparenz bei der Gebührenstruktur will der sgv mehr Transparenz und eine einfachere Gebührenstruktur. Denn: Die finale Gebührenstruktur, welche der Händler bezahlt, setzt sich aus einer Vielzahl verschiedener Gebühren zusammen. Unterschiedliche Merkmale der Zahlung – etwa das Herkunftsland der Karte – werden dabei zu verschiedenen Sätzen verrechnet. Da der Händler zumeist nicht über alle Informationen verfügt, welche der Berechnung der Kommissionsgebühr zugrunde liegt, ist es gemäss Lisibach für ihn beinahe unmöglich nachzuvollziehen, wie sich die Endgebühr einer einzelnen Zahlung zusammensetzt.

Für den nächsten kleinen Kauf etwas Bargeld bei sich zu tragen, scheint also keine schlechte Idee zu sein. Zumindest bis die Banken infolge mangelnder Nachfrage die Gebühren fürs Bargeldmanagement erhöhen und das elektronische Bezahlen für den Händler eindeutig günstiger sein wird.

Marcel Hegetschweiler

Fachjournalist Wirtschaft und Gesellschaft

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