Haben Öl- und Gasheizungen wirtschaftlich ausgedient?
Das Stimmvolk des Kantons Zürich hat Ende November vergangenen Jahres entschieden: Öl- und Gasheizungen haben ausgedient. Das neue Energiegesetzt besagt, dass nur noch klimaneutrale Heizungen gebaut werden sollen. Geht das so einfach und ist es noch wirtschaftlich? Das fragen wir zwei Energieberater.
26. August 2022
Gian Cavigelli
Teamleiter Energieberatung Geschäftskunden bei EKZ. Seine fünf Mitarbeitenden und er unterstützen Unternehmen rund um das Thema Heizungsersatz sowie auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz durch Optimierung der Anlagen.
Hardy Schröder
Energieberater bei EKZ und unterstützt Privatkundinnen und –kunden rund um die Themen Heizungsersatz, Elektromobilität oder Solarenergie.
Herr Schröder, Sie beraten Privatpersonen sowie Immobilienbesitzer zum Heizungsersatz. Mit der Annahme des neuen Energiegesetzes sollen fossile Heizungen nach Ende ihrer Lebensdauer durch klimaneutrale Heizungen ersetzt werden. Was heisst das für Besitzerinnen und Besitzer grösserer Immobilien??
Hardy Schröder: Wird die Immobilie noch mit einer fossilen Heizung beheizt, ist es wichtig, sich frühzeitig Gedanken über eine neue Heizungsanlage zu machen. Denn ein Systemwechsel braucht Zeit. Wir rechnen mit bis zu zwei Jahren Vorlaufzeit. Denn je nachdem braucht es Bewilligungen, bauliche Anpassungen und natürlich ist auch die Frage der Finanzierung ein Thema.
Gian Cavigelli: Dasselbe gilt für KMU- und Gewerbeliegenschaften. Denn das angenommene Energiegesetz betrifft ja auch Nicht-Wohnliegenschaften, also alle Liegenschaften mit fossilen Heizungen.
Das klingt komplex…
Schröder: Nun ja, das ist es. Deshalb empfehle ich eine neutrale Beratung. Diese unterstützt die Eigentümerinnen und Eigentümer un-
abhängig und neutral bei der Entscheidung für ein neues Heizsystem. Dabei werden alle Aspekte, wie Warmwasserbezüge, Platzverhältnisse oder die Finanzierung individuell und aufs Gebäude bezogen, genau angeschaut. Ich empfehle zudem immer vorab abzuklären, wie die kommunale Energieplanung der jeweiligen Gemeinde mittelfristig aussieht. Denn je nachdem besteht beispielsweise die Planung eines Wärmeverbundes, dem man sich anschliessen kann oder sogar muss.
Muss jetzt mit hohen Investitionen in die Heizungsanlage, und – wie Sie sagen – allenfalls mit Zusatzkosten gerechnet werden?
Schröder: Die Investitionskosten für eine Heizungsanlage, die mit erneuerbaren Energien betrieben wird, sind in der Regel höher. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass der Betrieb solcher Anlagen günstiger ist. Insbesondere auch jetzt, wo die Preise für Gas und Öl sehr stark gestiegen sind. Über die gesamte Lebensdauer von rund 20 Jahren lohnt es sich, denn die Kosten sind langfristig insgesamt tiefer. Deshalb ist die Abklärung, welche Technologie für das jeweilige Gebäude – auch aus wirtschaftlicher Sicht – am meisten Sinn macht, sehr wichtig. Zudem besagt das neue Energiegesetz, dass der Umstieg auf ein klimaneutrales System dann geschehen muss, wenn es technisch möglich und finanziell tragbar ist. Sind die Kosten für ein alternatives System über die gesamte Lebensdauer gesehen höher als fünf Prozent im Vergleich zu einer Öl- oder Gasheizung, kann diese wieder durch eine solche ersetzt werden. Es sind aber je nach Gebäudealter weitere Massnahmen notwendig.
Bedeutet das nicht, dass mehrheitlich doch wieder eine Öl- oder Gasheizung eingebaut werden kann?
Schröder: Nein, das denke ich nicht. Denn beim Ersatz von fossilen Heizungen können Sie auch von Fördergeldern vom Bund, den Kantonen, Gemeinden oder Städten profitieren. Auf dem Portal von Energiefranken (energiefranken.ch) finden Sie übrigens diverse Förderprogramme, auch zum Heizungsersatz. Es lohnt sich, Förderbeiträge für Ihren Standort dort zu prüfen. A propos Finanzierung, oft gibt es auch die Möglichkeit eines Contractings, wo die Anlage vom Contracting-Partner finanziert wird.
Herr Cavigelli, Ihr Team betreut Geschäftskunden und unterstützt diese auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz und Sensibilisierung. Was empfehlen Sie Ihren Kundinnen und Kunden, wenn sie erst kürzlich in eine fossile Heizung investiert haben und es sich finanziell noch nicht lohnt, diese auszuwechseln?
Cavigelli: Es ist ganz klar: Eine fast neue Heizungsanlage zu ersetzen, macht normalerweise keinen Sinn. Was sich aber immer lohnt, ist eine energetische Betriebsoptimierung. Dabei wird die Gebäudetechnik, also auch die Wärmeerzeugung, energieeffizienter eingestellt. Dies reduziert den Energieverbrauch und spart dem Unternehmen Energiekosten, was bei den aktuellen Energiepreisen nicht zu unterschätzen ist. Nicht selten sparen unsere Kundinnen und Kunden dank unserer Betriebsoptimierung bis zu 20 Prozent ein.
Sollten Heizungsanlagen nicht sowieso schon optimal eingestellt sein? Wo kann denn noch optimiert werden?
Cavigelli: Wir treffen immer wieder auf Anlagen, die einiges an Optimierungspotenzial aufweisen. Beispielsweise in Bezug auf Heiztem-peraturen, Betriebszeiten oder Heizgrenzen. Auch Mitarbeitende können ihren Beitrag zur Reduzierung von Heizkosten leisten. Sei es beispielsweise durch richtiges Lüften oder die optimale Einstellung der Raumtemperatur. Deshalb empfehlen wir Unternehmen auch, ihre Mitarbeitenden diesbezüglich zu sensibilisieren. Was übrigens erhebliche finanzielle Auswirkungen hat, sind die CO2-Abgaben. Für grosse Industrieunternehmen ist die CO2-Reduktion schon lange eine wichtige Aufgabe. Kleinere und mittelgrosse Unternehmen wissen jedoch oft nicht, wie sie dieses Thema konkret angehen sollen. Deshalb bieten wir für Unternehmen neu einen CO2-Check an.
Am grössten ist das Energiesparpotenzial in der Regel durch die Regulierung der Raumwärme.
Info
CO2-Check für Unternehmen
Mit dem neusten Angebot, dem CO2-Check (ekz.ch/co2check) unterstützt die EKZ-Energieberatung Unternehmen bei der Planung und Umsetzung von Massnahmen, welche die Energie- und CO2-Kosten nachhaltig reduzieren. Denn wer fossile Brenn- und Treibstoffe einkauft, bezahlt automatisch eine CO2-Abgabe. Der CO2-Check deckt auf, wie Unternehmen bezüglich CO2-Emissionen und CO2-Kosten dastehen und liefert Empfehlungen und Hinweise auf ein weiteres Vorgehen.
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