«Bratwurst und Kartoffelsalat reichen nicht»

Eventmanager sind gefragt, denn die Ansprüche der Kunden sind gestiegen. Und die Gesellschaft hat sich verändert – mit ihnen müssen auch die Agenturen sich anpassen. Wir sprachen mit dem Zumiker Christian Bonnot (62), der seit rund 36 Jahren im Geschäft ist mit von «Bonnot’s Event House» in Zollikon. Er organisiert, plant und konzipiert gemeinsam mit einer Mitarbeiterin Events aller Art.

Bild Mark Gasser

Kundenanlass, Firmenfest, Fachkongress, Produktepräsentation oder Roadshow? «Jeder Anlass, jeder Kunde ist anders», sagt Christian Bonnot.

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Kundenanlass, Firmenfest, Fachkongress, Produktepräsentation oder Roadshow? «Jeder Anlass, jeder Kunde ist anders», sagt Christian Bonnot.

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Kundenanlass, Firmenfest, Fachkongress, Produktepräsentation oder Roadshow? «Jeder Anlass, jeder Kunde ist anders», sagt Christian Bonnot.

Ihre Agentur gibt vor, «als erfahrener Full-Service-Partner für perfekte und stressfreie Events zu sorgen». Was bieten Sie denn im Gegensatz zu anderen bei der Planung, Organisation und Durchführung vor Ort?

Christian Bonnot: Ich startete vor rund 36 Jahren als einer der Ersten mit einem Partner. Der grosse Boom, als jede Werbeagentur in guten Zeiten das Gefühl hatte, sie müsse nun auch noch Events organisieren oder eine Eventagentur lancieren, kam dann erst Jahre später. Marketing und Events sind ja nah beieinander. Dann kam Corona und brachte eine eigentliche Bereinigung in der Branche, da während zwei Jahren fast nichts stattfinden konnte.

Wie fassten Sie denn als Quereinsteiger Fuss in der Branche?

Bonnot: Als gelernter Schreiner begann ich, in anderen Bereichen zu jobben: Ich montierte Rollläden oder Büromöbel, arbeitete als Bühnenhandwerker im Opernhaus Zürich, sammelte auf diversen weiteren Jobs Erfahrungen und bildete mich so weiter. So profitiere ich etwa beim Bau oder der Planung einer Deko von meiner Schreinerausbildung, aber beispielsweise auch von einer Video- und Tontechnikerausbildung, da ich auch in einer Video-Postproduktionsfirma arbeitete. So kann ich etwa mitreden, wenn ich von einem Lieferanten eine Offerte erhalte, und eine auf den Kunden zugeschnittene Selektion vornehmen. Mein Netzwerk an Lieferanten, denen ich vertraue, besteht seit 20 oder mehr Jahren. Vielen in der Branche fehlt leider die Erfahrung.

Heute gibt es ja Schulungen für Eventmanager. Können diese die Erfahrung nicht kompensieren?

Bonnot: Die Schulungen sind sehr gefragt und man lernt sehr viel, aber die Ausbildung ist sehr theoretisch. Daher ersetzen sie die praxisnahen Erfahrungen eben nicht. Auch heute noch lerne ich bei jedem Anlass Neues dazu. Beispielsweise muss man bei feuerpolizeilichen Bestimmungen achtsam sein. Da gibt es etwa Vorschriften zur Breite und Distanzen von Fluchtwegen. Wenn man das nicht einhält und etwas passiert, dann hängt immer der Veranstalter.

Wenn man zu einem Anlass eingeladen wird und etwas Interessantes geboten wird, dann bleibt man einem Unternehmen eher treu.

Christian Bonnot, Eventmanager, «Bonnot›s Event House», Zollikon

Eine 500-Seelen-Gemeinde kann sich aber oft keinen eigenen Eventsaal oder neue Fluchtwege leisten. Da werden dann die Auflagen oft als bürokratische Schikane empfunden, wenn die Turnhalle, die früher gut genug war, den heutigen Auflagen nicht entspricht.

Bonnot: Turnhallen sind feuerpolizeilich oft nicht für 400 Menschen ausgelegt. Ausserdem darf man nicht von einem Gebäude in ein anderes flüchten, sondern nur ins Freie. In der Schweiz ist die Feuerpolizei in der Tat sehr akribisch. Grundsätzlich finde ich das richtig, denn wenn Panik ausbricht, will jeder so schnell wie möglich ins Freie.

Man kann aber meistens baulich improvisieren. Wir haben mit einer Bank in Uster einmal einen Anlass für 1600 Personen durchgeführt. Die vier Ausgänge reichten da nicht. Wir mussten in die Wand einen weiteren Fluchtweg einbauen – dank weiterer geplanter Anlässe lohnte sich das auch. Für einem anderen Event in einer Tennishalle in Oetwil am See war ein Bach im Weg – so bauten wir kurzerhand eine Brücke.

Vorhin sagten Sie mir, dass KMU konzeptionell oft gar keine Idee hätten, was für einen Event sie wollen. «Sie planen Anlässe ohne Ziel, ohne Thema.» Erklären Sie das kurz.

Bonnot: Jeder Event sollte ein Ziel verfolgen, etwa Kundenkontakte fördern oder pflegen, Neukunden gewinnen, Dienstleistungen kommunizieren. Ich stehe oft vor der Frage, die mir KMU stellen: Soll ich mich an einer Gewerbeschau beteiligen oder im Alleingang einen Anlass planen? Ausstellungen haben den Vorteil, dass viele Kontakte allein dadurch entstehen, dass viele Besucher kommen. Auf der anderen Seite hat ein eigener Anlass den Vorteil, dass nur meine Kunden kommen werden.

Zu Ihrer Frage über physische Anlässe: Während und nach Corona zeigte sich, dass das Miteinander-Kommunizieren über Bildschirme einfach nicht dasselbe ist. Schon gar nicht, wenn man Produkte verkaufen will. Ein Möbel und seine Beschaffenheit kann man am Bildschirm nicht vorstellen. Die physischen Anlässe braucht es daher weiterhin. Und wenn man zu einem Anlass eingeladen wird und etwas Interessantes geboten wird, dann bleibt man einem Unternehmen eher treu – das sehe ich immer wieder. Natürlich muss der Anlass auch attraktiv und informativ sein.

Vor lauter Ablenkungen und (digitalen) Angeboten wird es schwieriger, Menschen an einem Ort zusammenzubringen. So gibt es etwa immer öfter hybride Kongresse, die auch digital besucht werden können. Wie werden Sie der abnehmenden Bereitschaft gerecht, physische Events zu besuchen?

Bonnot: Eins vorweg: Sie müssen einen Event heute massiv überbuchen. Früher galt eine Quote von 10 Prozent No-Shows (angemeldet, aber nicht erschienen) als realistisch. Das können Sie heute vergessen, die Rate ist eher bei 20 Prozent. Heute haben viele das Gefühl: Wenn es mich nichts kostet, bin ich zu nichts verpflichtet.

KMU haben die Tendenz, gern alles selber zu machen. Empfehlen Sie da trotzdem in jedem Fall professionelle Unterstützung im Eventbereich, oder gibt es Ausnahmen?

Bonnot: Es wäre ja seltsam, wenn ich dies nicht empfehlen würde. Wenn das Ziel ist, neue Kunden zu gewinnen oder Kunden zu pflegen, dann soll man nicht selber basteln, sondern den Event richtig machen. Am Schluss ist der Anlass erfolgreicher und man spart Geld. Ich gehe mit meinem schmerzenden Zahn ja auch zum Zahnarzt und zeige ihn nicht einem Kollegen. Ich weiss, was es braucht, um Leute zu mobilisieren mit möglichst wenig No-Shows. Es gibt aber KMU, die vieles selber machen, beispielsweise beim Aufbau des Mobiliars. Das ist auch legitim. Aber es gibt Bereiche, in denen es Sinn macht, professionell mit erfahrenen Eventspezialisten zu arbeiten. Wenn etwa ein Kunde versucht, die Tontechnik selber zu bedienen oder eine wichtige Powerpoint-Präsentation zu gestalten. Das kann auch in der Katastrophe enden.

In welchen Bereichen lässt man sich am besten unterstützen?

Bonnot: Es ist zunächst wichtig, sich als KMU zu überlegen, was man veranstalten und wen man einladen will. Bei einem Erstgespräch zeigt sich, welche Aufgaben das Eventmanagement übernehmen kann: so z.B. die Organisation, die fehlenden Infrastrukturen sowie die inhaltliche Konzeption. Wir versuchen, möglichst alles aus einer Hand zu erhalten, um die Transportkosten tief zu halten. Als Koordinator kann ich beim Einsatz der geeigneten Infrastrukturen auch Kosten optimieren. Ich bürge als Generalunternehmer dafür, dass alles passt. Ich bin dann auch schuld, wenn am Ende etwas schiefläuft.

Müssen Eventorganisatoren kreativer werden?

Bonnot: Der Anlass muss einfach auf die Klientel zugeschnitten sein. Mit etwas farbigem Licht kann man aus einer Turnhalle vieles machen. Es gibt natürlich auch gewisse Tricks. Wenn beispielsweise ein eher männerlastiger Anlass geplant wird, so kann ein gutes Entertainment mit einer attraktiven Sängerin helfen. Man muss nicht immer einen Star buchen. Aber um Menschen anzuziehen, reichen Bratwurst und Kartoffelsalat heute nicht mehr. Denn es gibt zu viele Anlässe, die sich konkurrenzieren.

Bei jüngeren Generationen gibt es einen Trend hin zu mehr Individualisierung, mehr Privatpartys und weniger Massenunterhaltung. Hat sich das Verhalten der Gesellschaft in Bezug auf Events allgemein geändert?

Bonnot: Ich beobachte vielmehr eine gewisse Übersättigung. Man hat eine so grosse Auswahl an (kurzfristigen) Anlässen, dass man selektionieren muss. Und je attraktiver man das Programm, die Angebote und die Einladung gestaltet, desto mehr lockt man Leute an.

Ich habe vier erwachsene Kinder. Die bringt man kaum mehr in eine Disco oder an ein Konzert. Aber sie treffen sich viel häufiger in ihrer Freizeit mit Freunden. Seit Corona wird der Kontakt mit Bekannten mehr gesucht, wie ich finde. Massenanlässe sind zurzeit einfach nicht mehr gefragt.

Zudem ist es sicher schwieriger geworden, bei so vielen Interessen einen gemeinsamen Nenner zu finden?

Bonnot: Das stimmt, aber es gibt Stile und Themen, die immer ziehen. So habe ich etwa für einen Bankanlass mit über 1000 Menschen festgestellt, dass Countrymusic immer beliebt ist unter den Kunden. Auch Jazz, Swing und leichtere Musik werden immer gern gehört. Für alle Events gilt aber nach wie vor: Sie müssen leben, Authentizität ist immer besser, was wiederum für Livemusik spricht. Die Musik oder die Keynote-Speakerin muss mehrheitsfähig sein.

Sie sind ja eine staatlich konzessionierte Show- und Musikkünstleragentur. Wieso ist das besser als eine nicht vom Staat konzessionierte?

Bonnot: Von Gesetzes wegen sind wir verpflichtet, von einem Einzelkünstler maximal 12,5 Prozent, ab zwei Künstlern 10 Prozent der Gage für unsere Vermittlung zu verlangen. Wer heute fünf Vermittlungsagenturen anfragt, die denselben Künstler vermitteln, erhält in der Regel vier bis fünf unterschiedliche Preisofferten. Eigentlich wären höhere, selbstbestimmte Gagen gesetzlich nicht zulässig.

Ist Ihre Tätigkeit nach 36 Jahren nicht zur Routine geworden?

Bonnot: Nein, denn während die Struktur eines Anlasses – Konzept, Planung, Organisation, Realisation – immer dieselbe ist, ist jeder Anlass, jeder Kunde anders. Und jeder hat andere Bedürfnisse. So fängt man immer wieder von vorne an und steht immer vor einer neuen Herausforderung, muss neue Lösungen suchen.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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