Die Vielfalt der Berufslehre fördern

Damit auch in Zukunft genügend Lehrstellen vorhanden sind, braucht es eine umfassende Förderung. Jonas Schudel, verantwortlich für die Betriebliche Bildung im Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA), stellt die Lehrstellenförderung des Kantons Zürich vor.

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Das vielfältige Lehrstellen-Angebot soll auch in Zukunft gewährleistet sein.

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Jonas Schudel leitet die Organisationseinheit Betriebliche Bildung beim Mittelschul- und Berufsbildungsamt und verantwortet die Lehrstellenförderung für die Berufsbildung im Kanton Zürich.

Interview: Dennis Malischke

Jonas Schudel, was bedeutet Lehrstellenförderung konkret?

Jonas Schudel: Bei der Lehrstellenförderung hat das MBA eine übergeordnete Rolle und leitet je nach Bedarf Massnahmen ein. Ein explizites Marketing für jeden einzelnen Beruf ist daher nicht vorgesehen. Dazu würden uns auch die Ressourcen fehlen. Vielmehr können wir die nötigen Mittel zur Verfügung stellen, indem wir uns mit den Partnerinnen und Partnern der beruflichen Grundbildung austauschen. Die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) und die Verbände wissen am besten, wie ihre Branchen aufgestellt sind und wo gegebenenfalls der Schuh drückt. Zur Giesskanne greifen wir also nicht. Wir möchten möglichst effizient agieren – als Drehscheibe zwischen aktueller Marktlage und Bedürfnissen der Betriebe.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Schudel: Die Lehrstellenförderung befindet sich erst im Aufbau. Aufgrund des Regierungsratsbeschlusses vom Frühling 2022 konnten wir befristet einen Mitarbeitenden einstellen, der die Konzeption und Umsetzung der Lehrstel­lenförderung übernimmt.

Wo besteht potenziell am meisten Handlungsbedarf?

Schudel: Beispielsweise verlangt die Digitalisierung nach einem grossen Lehrstellen-Angebot im Bereich ICT. Auch der Arbeitskräftemangel spielt da hinein. Dem gehen wir als Kanton nach und entwickeln gemeinsam mit dem hauptverantwortlichen Verband spezifische Lösungen. Es ist nicht so, dass die Berufsfelder nicht wüssten, dass etwas getan werden muss. Ganz im Gegenteil. Verschiedenste Aktivitäten sowie Kampagnen sind bereits am Laufen oder angedacht. Das MBA nimmt mit der Lehrstellenförderung seine Verantwortung wahr und unterstützt punktuell, wo nötig und gewünscht. Bei Bedarf helfen wir jedoch auch in einer verstärkten Rolle.

«Mit einer gezielten Lehrstellenförderung können wir die KMUs unterstützen und mithelfen, den Bedarf an nötigen Lehrstellen zu decken.»

Jonas Schudel, Leiter Betriebliche Bildung im MBA

Was für weitere Massnahmen sind geplant?

Schudel: Nebst der neu geschaffenen Stelle für die Lehrstellenförderung wollen wir mit den ge-sprochenen finanziellen Mitteln durch den Regierungsratsentscheid auch die Berufsbildungsforen im Kanton Zürich stärken. Sie sind regional verankert und kommunal nahe am Geschehen. Das ist eine weitere Massnahme der Bildungsoffensive. Darin sind beispielsweise Ausbildungsbetriebe, das Gewerbe und Volksschulen involviert. Darum benötigen diese Foren genauso Unterstützung. Wir wollen die notwendigen Strukturen schaffen, so dass eine gezielte Entwicklung möglich ist. Und aktiv einwirken, um zusammen mit allen Beteiligten eine attraktive Berufslehre anbieten zu können.

Warum betreibt man überhaupt Lehrstellenförderung, es gibt doch genügend Lehrstellen und teilweise sogar ein Überangebot?

Schudel: Laut den Prognosen des statistischen Amts sowie der Bildungsplanung des Kantons Zürich wächst die Bevölkerung und damit die Anzahl Lernenden in den nächsten Jahren stark an. In 10 Jahren werden beinahe 10 000 zusätzliche Ausbildungsplätze benötigt. Dafür wollen wir bereit sein und handeln deshalb vorausschauend. Es muss gelingen, dass sowohl für Berufe mit einer aktuell eher geringen Nachfrage als auch für die heute sehr beliebten Berufsfelder in der Zukunft genug Lehrstellen zur Verfügung stehen. Hierzu zählen wir auf bereits ausbildende Betriebe und heissen Neue herzlich willkommen. Für unseren Nachwuchs sind wir alle gemeinsam gefordert. Mit einer gezielten Lehrstellenförderung können wir die KMUs unterstützen und mithelfen, den Bedarf an nötigen Lehrstellen zu decken. Zusätzlich wollen wir die vielfältigen Möglichkeiten der Berufslehre auch weiter anbieten können. Für eine gezielte Förderung interessieren uns die Meinungen und Bedürfnisse aller Bildungsbeteiligten. Auch die Einschätzungen der Erziehungsberechtigten sind für uns zentral.

Die Eltern und Erziehungsberechtigten wirken hier mit ein?

Schudel: Selbstverständlich. Das ist sehr wichtig. Nur durch die Berücksichtigung verschiedener Sichtweisen können bedarfsgerechte Angebote geschaffen werden. Uns ist es wichtig, das Potential einer Berufslehre aufzuzeigen. Indem wir die verschiedenen Berufswege sichtbar machen, können wir beim Einstieg ins Berufsleben behilflich sein.

Was ist die Rolle der Lehrbetriebe?

Schudel: An dieser Stelle möchte ich betonen, dass wir sehr dankbar für die langjährige und gute Ausbildung der Zürcher Betriebe sind. Es ist bemerkenswert, wie sie tagtäglich mit Lernenden arbeiten und diese so bestmöglich ausbilden. Man spürt regelrecht wie wichtig es den Betrieben ist, den eigenen Berufsnachwuchs aufziehen zu können. Das ist nicht selbstverständlich. Mit dem Modell «Berufsbildende – Lernende» baut unser Bildungssys-tem die Fachkräfte von Morgen also selbst auf. Darauf können wir stolz sein.

«Wir müssen unser Möglichstes tun, damit die Jugendlichen eine berufliche Richtung wählen können, die ihrem Interesse entspricht.»

Jonas Schudel

Wie wird mit Schwierigkeiten während der Ausbildung umgegangen?

Schudel: Die berufliche Grundbildung lässt sich mit einem Langdistanzrennen vergleichen. Das heisst, der Motor muss über einen langen Zeitraum auf höchstem Niveau funktionieren. Es kommt vor, dass dabei wortwörtlich Sand ins Getriebe gerät. Während der Ausbildung ist es nicht anders. Falls im Rahmen der Ausbildung wiederkehrende Herausforderungen bei den Betrieben auftreten, gibt es neu einen sogenannten Betriebscoach in der Lehraufsich. Dieser unterstützt die Betriebe bei Anliegen, die über die alltäglichen Fragestellungen hinausgehen. Unser Ziel ist es, stets gemeinsam mit den Verbundpartnern eine Lösung zu finden und so die Qualität hoch zu halten.


Konferenz Berufsbildung 2023: Lehrstellenförderung

Ende Mai 2022 fand die 11. Konferenz Berufsbildung unter dem Motto «Berufslehre fertig – und jetzt?!» statt. Im Fokus standen das lebenslange Lernen und die Frage, ob die Lernenden während der beruflichen Grundbildung das nötige Rüstzeug für den Berufsweg vermittelt bekommen. Die wichtigsten Erkenntnisse der Diskussionsrunde sind auf der kantonalen Berufslehre-Webseite unter «Konferenz Berufsbildung» einsehbar.
Die 12. Ausgabe behandelt am 11. Mai 2023 das Thema «Lehrstellenförderung». Wie bereits im vergangenen Jahr werden die Regierungsrätinnen Silvia Steiner und Carmen Walker Späh vor Ort sein. Unterstützen Sie bereits jetzt das Zürcher Lehrstellen-Angebot und nehmen Sie an den Berufsbildungsforen teil. Als für den Kanton Zürich so bedeutende KMUs leisten Sie damit einen wichtigen Beitrag zur kantonalen Berufslehre.

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