Die Arbeitswelt ist in Bewegung

Leben, um zu arbeiten? Oder arbeiten, um zu leben? Die jüngeren Generationen setzen die Prioritäten neu. Nachfolgend ein paar Tipps, wie man auch als kleineres Unternehmen am Ball bleiben kann. Und ein Blick auf weitere Veränderungen in der Arbeitswelt, mit denen man einen Umgang finden sollte.

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Flexibilität, Sinnhaftigkeit, Technologie: Junge Menschen haben andere Ansprüche, aber sollten auch die Vor- und Nachteile von Neuerungen kennen.

Das Bedürfnis nach Teilzeitarbeit nimmt eindeutig zu. Junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer legen mehr Wert darauf, Freizeit, Familie und Beruf im Gleichgewicht zu halten als die vorangehenden Generationen. Als Arbeitgeber tut man gut daran, seine Skepsis zu überwinden und auszuloten, was im eigenen Unternehmen machbar ist. Je nach Stellenprofil findet sich vermutlich Spielraum. Wenn dem so ist, legt man am besten Spielregeln fest, die zum Betrieb und seinen Anforderungen passen, zum Beispiel zeitliche Mindestpensen für bestimmte Funktionen. Und noch etwas: Jüngere Menschen, die ihr Pensum im Interesse von mehr Lebensqualität reduzieren möchten, übersehen in der Regel, dass sie damit ihr Risiko für spätere Vorsorgelücken erhöhen. Es schadet sicher nicht, als Arbeitgeber auf diese langfristig problematische Auswirkung hinzuweisen.

Gefragt ist Flexibilität

Aus Arbeitgebersicht ist die Reduktion des Arbeitspensums nicht unbedingt die wünschenswerte Option. Aber man kann auch über andere Ansätze nachdenken, wenn sich Mitarbeitende mehr Freiraum wünschen, um ihre privaten und beruflichen Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen – etwa, wenn Nachwuchs kommt oder ältere Familienangehörige zu pflegen sind. Hier können auch neue Arbeitsmodelle einen Ausweg bieten, die mehr zeitliche Flexibilität zulassen. Nicht jeder Betrieb ist auf fixe Tagesarbeitszeiten angewiesen. Und je nach Tätigkeit müssen die täglichen Arbeitsstunden nicht zwingend am Stück geleistet werden. Je nachdem kommt auch ein Jahresarbeitszeit-Modell in Frage, das sich in Unternehmen mit saisonal schwankender Arbeitsbelastung schon heute bewährt. So ein Modell kann es Eltern zum Beispiel ermöglichen, ihre Arbeitszeit nach den Schulferien auszurichten und so ohne zusätzliche Fremdbetreuung auszukommen (ohne dass sie ihr Arbeitspensum reduzieren müssen). Je nach Branche kommt auch Vertrauensarbeitszeit infrage. Hier gibt der Arbeitgeber das Arbeitsvolumen für einen definierten Zeitraum vor, überlässt die Arbeitszeiten aber der Eigenverantwortung der Arbeitnehmenden.

Homeoffice klar regeln

Der Wunsch nach Flexibilität zeigt sich auch beim Thema Homeoffice. Was sich in der Pandemie als nützlich erwiesen hatte, ist zu einer Option geworden, an der viele Arbeitnehmende in einem gewissen Ausmass festhalten möchten. Was in einer Firma betrieblich möglich und sinnvoll ist, schwankt. Aber es gibt zwei generelle Überlegungen, die man als Arbeitgeber beherzigen sollte. Erstens: Definieren Sie die Handhabung nicht für den Einzelfall, sondern mit Gültigkeit über den ganzen Betrieb hinweg. Legen Sie mit einem Leitfaden einen Rahmen fest, der die allgemeine Handhabung von Homeoffice wie auch die konkreten Abläufe im Arbeitsalltag vorgibt. Zweitens: Stellen Sie zusammen mit Ihrem Treuhandprofi sicher, dass bezüglich Steuern und Sozialversicherungen alles seine Richtigkeit hat. Dies umso mehr, wenn Sie Mitarbeitende haben, die ihren Wohnsitz im Ausland haben und dort im Homeoffice arbeiten.

Kreative Ansätze finden

Da und dort gibt es Gewerbebetriebe, die ein neues und interessantes Arbeitsmodell umsetzen, das ihnen bei der Rekrutierung von Fachpersonal ein starkes Argument verschafft: Statt 5 Tage à 8 Stunden beträgt die Arbeitszeit neu 4 Tage à 9 Stunden – das entspricht einem 90-Prozent-Pensum bei unverändertem Lohn. Die gemeinsam vereinbarte Voraussetzung dafür: Es gibt keine Personalaufstockung, die tatsächliche Arbeitsleistung bleibt gleich. Das ist möglich, weil die Motivation und die Effizienz mit dieser win-win-Regelung steigen. Gerade in Handwerksbetrieben ist dies durchaus realistisch. Vier Tage Intensivbetrieb auf einer Baustelle sind einfacher zu organisieren als fünf Tage mit einem Team, in dem unterschiedliche Pensen und Arbeitstage gelten.

Nachhaltigkeit und die Sinnfrage

Neben dem Thema Flexibilität taucht in Diskussionen zur Arbeitswelt heute immer öfter die Frage nach der «Sinnhaftigkeit» auf. Vielen der jüngeren Arbeitnehmenden ist es wichtig, dass ihr Unternehmen und ihre eigene Tätigkeit einen sinnvollen Beitrag leisten. Die Bedeutung dieser Frage wird in Zukunft weiter zunehmen. Lassen Sie sich als Arbeitgeber einmal durch den Kopf gehen, was Ihre Firma Sinnvolles leistet oder wie sie mit aktuellen Problemen (z.B. Umweltschutz und Klimawandel) umgeht. Da finden sich vielleicht ganz neue Anknüpfungspunkte, die Sie für jüngere Arbeitnehmende interessanter machen.

KI clever nutzen

Künstliche Intelligenz (KI) hat viele Facetten. Eine sehr konkrete und populäre Anwendung sind Textgeneratoren, so genannte Chatbots wie ChatGPT. Sie verfassen die Antwort auf eine Kundenbeschwerde, den Werbeflyer für ein neues Angebot, den neusten Blogbeitrag für die Website oder den Weihnachtsbrief des Chefs an die Mitarbeitenden. Aber aufgepasst, KI-Unterstützung mag hilfreich sein, hat aber ihre Tücken. Wenn am Schluss die Fakten nicht stimmen, die persönliche Note fehlt, die Sprache an der Zielgruppe vorbeigeht und sich alle Texte immer mehr gleichen, ist damit wenig gewonnen. Tipp: Lassen Sie Ihre Mitarbeitenden nicht selber wursteln, sondern organisieren Sie eine Weiterbildung. Das kann auch ein interner Erfahrungsaustausch sein, wenn bestimmte Mitarbeitende auf diesem Gebiet schon Know-how und Erfahrung gesammelt haben.

Samuel Dafner

Vorstandsmitglied des
Schweiz. Treuhänderverbands
TREUHAND|SUISSE, Sektion ZH

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