Das Beste an der KI: Sie spart uns grandios Zeit

Was geistert nicht alles umher über die mysteriöse Künstliche Intelligenz: Steckt Leben in ihr? So etwas wie Bewusstsein? Menschenähnliche Intelligenz? Übermenschliche Superintelligenz gar? Unterwirft sie uns am Ende ihrem überlegenen Herrschaftswillen?

Halb so wild, denke ich. Warum sollte sie uns beherrschen wollen? Da müsste sie erst so etwas wie einen Willen entwickeln. Ehrgeiz, Antrieb, Ambition. Allesamt biologische Tugenden, ergeben nur Sinn in einem Lebenswillen, der aus der Triebnatur kommt, nicht aus maschinellem Datenkalkül. KI ist prima, hat aber keinen Schimmer vom Leben, hat weder Trieb noch Sex noch Wille. KI bleibt Werkzeug, ein unerhört praktisches – und zwar genau dazu: Sie hilft uns, menschliche Leistungen, die bereits bestehen, leichter wieder- und weiterverwerten.

Etwas Neues, richtig Kreatives ist von ihr nicht zu erwarten. Ich lasse mal Jaron Lanier für mich sprechen, den Tech-Guru und Musikpionier. Seit Jahren versucht er die KI in Kreativlaune zu bringen, sein Fazit kann für alle möglichen Branchen gelten: «Es ist mir nicht gelungen, einen Befehl zu schreiben, mit dem ein KI-Programm neue Musik erzeugt, also wirklich neue Stücke, die meinem Stil, meinem künstlerischen Ausdruck entsprechen. Es ist letztlich nur eine Kopie und Mischung aus Dingen, die ich einmal gespielt habe.»

Doch was heisst das schon? Erstens lässt sich das genau so auch von den allermeisten Menschen sagen: Wer bringt schon etwas wirklich Neues hervor? Zweitens kann die Art, wie KI durch die unermesslichen Archive menschlicher Erkenntnis saust, fantastisch hilfreich sein. Nehmen wir nur mal das Programmieren. Da sitzt man immer wieder vor Problemen, die schon Millionen Male von anderen gelöst wurden. KI kennt die Lösungen – und kann binnen Sekunden passende Codes generieren. So erspart sie uns den nervtötenden Teil unserer Arbeit. Wir müssen nicht mit allem stets von vorne beginnen. Damit wird sie praktisch alle Lebensbereiche revolutionieren: Arbeit, Bildung, Medizin, Forschung, Kultur …

KI wird uns unendlich viel Zeit sparen – und all jene zur Verzweiflung bringen, die ihre Zeit am liebsten mit unproduktiven Erledigungen füllen. Nicht bloss Hilfskräfte, die bisher Regale in Supermärkten auffüllten. Auch Schriftstellerinnen, die seriell standardisierte Kitschromane abliefern. Auch Radiologen, die sich gegen Dr. Watson sträuben, der Röntgenbilder in Sekunden liest, Pixel um Pixel. Auch Juristen, die nichts kennen als Paragrafenwälder und Leiturteile.

Dennoch sollten wir am Boden bleiben. KI ist nichts als eine mathematische Gleichung. Sie durchforstet beliebige Datenberge nach Gesichtspunkten der Wahrscheinlichkeit bzw. Ähnlichkeit. Was sie ausspuckt, ist Resultat eines rein mathematisch-statistischen Vorgangs. Von Inhalten hat sie null Ahnung. Von Lebenserfahrung eh nicht. Stellen Sie ihr mal diese Aufgabe: Eine Frau braucht neun Monate Schwangerschaft bis zur Geburt. Wie lange brauchen neun Frauen?

Ludwig Hasler

Philosoph, Physiker, Autor und Menschenkenner lhasler@duebinet.ch

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