Betrügerischen Mitarbeitern auf der Spur

Diebstahl am Arbeitsplatz oder aus dem Warenlager, fingierte Arbeitsrapporte oder Informationsabfluss – hegen Unternehmen den Verdacht, dass Mitarbeitende betrügen, wenden sie sich an ihn: Detektiv Peter Stelzer* von der Privatdetektei Ryffel in Zürich.

Bild Midjourney (mit KI generiert)

Auch für KMU sind Detekteien unterwegs.

Rasante Verfolgungsjagden, ausgeklügelte Technik und geschickte Verkleidungen – das prägte den Alltag berühmter Detektive wie Sherlock Holmes, Remington Steele und Thomas Magnum. Wie aber sieht das echte Leben eines Detektivs aus?

Peter Stelzer*: Weit weniger spektakulär. Weder erleben wir actionreiche Verfolgungsjagden, noch tragen wir Perücke, Hut oder Trenchcoat. Im Gegensatz zu den Fernsehdetektiven, bei denen während einer Observation immer etwas passiert, gehört für uns das Warten zum Job. Und manchmal passiert den ganzen Tag gar nichts.

Wie sind Sie Detektiv geworden?

Stelzer: Ich habe während meiner Zeit als Werkstudent in einem Detektivbüro in der Technik gearbeitet. Während der Arbeit wurde ich mit Abklärungen im Bereich IT-Forensik, OSINT (Open Source Intelligence) und Observationen betraut und bin so nach und nach in die Detektei hineingerutscht – und es hat mich gepackt. Eine anerkannte Ausbildung als Detektiv gibt es nicht, es ist kein geschützter Beruf. Umso wichtiger ist es, dass man das Detektivhandwerk in einem professionellen Umfeld lernt. Es gibt sehr viele Detektive und die jeweiligen Qualitätsstandards schwanken stark.

Sie haben das Detektivhandwerk angesprochen. Wie gehen Sie bei Ihrer Arbeit vor?

Stelzer: Unsere Kunden – zu denen Unternehmen, Anwälte, Gemeinden, Versicherungen und Privatpersonen gehören – wenden sich meist bereits mit einem konkreten Verdacht an uns. Der Auftraggeber sagt, was er wissen und wie viel Zeit er investieren möchte. Je mehr Informationen wir über die verdächtige Person und ihre Gewohnheiten erhalten, desto effizienter können wir arbeiten. Ermittelt wird meist auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig. So recherchieren wir im Internet über die Person, führen Observationen durch, fragen bei Behörden an oder machen eine Mediensuche. Teilweise werden Ermittlungen auf einer Ebene erst durch Erkenntnisse auf einer anderen möglich.

Eine anerkannte Ausbildung als Detektiv gibt es nicht, es ist kein geschützter Beruf.

Peter Stelzer, Detektiv

Wie muss ich mir eine Observation vorstellen: Haben Sie da viele ausgeklügelter Gadgets dabei?

Stelzer: Wir sind zumeist in einem eher unauffälligen Auto unterwegs – ein knalloranger VW Käfer würde sich weniger eignen. Anhand der Daten, die wir vom Auftraggeber erhalten, kennen wir den Startpunkt – den Rest bestimmt die Zielperson. Wir lassen uns von ihr leiten, dokumentieren, fotografieren und verfolgen unauffällig. Was die Gadgets anbelangt, so muss ich Sie enttäuschen: Zumeist haben wir lediglich eine gute Kamera dabei. Manche Detektive verändern ihr Aussehen, etwa mit einer Fensterglasbrille, und auch Spiegelbrillen haben wir im Sortiment – zum Einsatz kommen sie aber kaum. In manchen Fällen brauchen wir technisches Equipment, zum Aufspüren von Abhörgeräten oder versteckten Kameras. Für Videoüberwachungen in Unternehmen kommen versteckte Kameras zum Einsatz, aber dafür wird vorab die rechtliche Zulässigkeit eingehend geprüft, man will dem Kunden ja keine unbrauchbaren Informationen liefern.

Ihre Kunden sind unter anderem KMU, die einen Betrugsverdacht gegen einen Mitarbeitenden hegen. Um welche Delikte geht es hier?

Stelzer: Am häufigsten geht es um Diebstahl am Arbeitsplatz oder aus dem Warenlager. Auch ein Thema ist das Nichteinhalten eines Konkurrenzverbotes, Informationsabfluss und Missbrauch des Geschäftsgeheimnisses. Ebenso falsches Rapportieren von Arbeitsstunden.

Wie schwierig ist es, betrügerische Mitarbeitende zu überführen?

Stelzer: So pauschal kann man das nicht sagen. Manche erwischen wir sehr schnell, bei anderen braucht es mehr Zeit – und bei manchen stellt sich heraus, dass sie sauber arbeiten und der Verdacht unbegründet war. Die grösste Herausforderung ist, dass wir uns stets im rechtlich erlaubten Rahmen bewegen. Wir dürfen uns nicht stellvertretend für den Auftraggeber strafbar machen.

Wird das manchmal vom Kunden verlangt?

Stelzer: Das passiert mehr aus Unwissenheit. Wir klären dann auf, dass man nicht einfach eine Kamera im Aufenthaltsraum installieren oder die Mitarbeitenden in der Pause belauschen darf. Ebenso dürfen die Mitarbeitenden nicht anlasslos verdeckt beim Arbeiten beobachtet werden.

Am häufigsten geht es um Diebstahl am Arbeitsplatz oder aus dem Warenlager

Peter Stelzer, Detektiv

Wie gehen Sie vor, wenn Sie den Beweis für betrügerisches Handeln des Mitarbeitenden in der Hand haben: Stellen Sie den Täter?

Stelzer: Nein, Stellen gehört nicht zu unseren Aufgaben. Wir übergeben das Material dem Kunden, alle weiteren Massnahmen liegen dann in seiner Hand.

Zum Schluss: Erzählen Sie uns ein, zwei Fälle von besonders dreisten Mitarbeitenden?

Stelzer: Nach Rückmeldungen von Kunden vermutete ein KMU, dass ein Aussendienstler während der Arbeitszeit nicht Kunden besuchte, sondern einfach fingierte Rapporte einsandte. Wir sind dem Verdacht nachgegangen und haben den Mitarbeitenden über mehrere Arbeitstage observiert. Tatsächlich nahm der Aussendienstler jeweils am Vormittag Kundentermine wahr, verbrachte am Nachmittag jedoch meist Zeit zu Hause oder erledigte Besorgungen.
Bei einem anderen Mitarbeitenden wurde der Verdacht gehegt, dass er elektronische Waren aus dem Lager stahl. Innert Kürze konnten wir aufdecken, dass er ein ganzes elektronisches Warenlager in seiner Garage eingerichtet hatte und die Geräte privat verkaufte.
*Name von der Redaktion geändert.

Anna Birkenmeier

Redaktion Zürcher Wirtschaft

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