Berufsnachwuchs in vielen Branchen rar – trotz mehr Zuwanderung

Mit mehr Zuwanderung lässt sich der Fachkräftemangel nicht beheben, findet KGV-Spitzenkandidat und Nationalrat Bruno Walliser.

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In vielen Branchen herrscht Fachkräftemangel.

Die Schweiz darf auch heute noch stolz auf ihr duales Berufsbildungssystem sein. Die Jugendarbeitslosigkeit ist tief und Jugendlichen, die eine Berufslehre ab-solvieren, stehen bei Eignung verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten offen. Diese jungen Personen haben mit einer Lehre als Basis viel praktisches Wissen und Können im «Rucksack». Diese Berufsleute sind gefragt auf dem Arbeitsmarkt. Immer mehr Betriebe haben jedoch Mühe, Lernende zu finden. Ganze Berufszweige fürchten um ihren Nachwuchs.

Rund 20 Prozent lösen Lehrvertrag auf

Gemäss den Berechnungen von Wüest Partner wird das Bevölkerungswachstum der Schweiz im Jahr 2023 nochmals in neue Sphären vorstossen. Es wird eine Zunahme von 148 000 Personen erwartet. Mieten und Immobilienpreise steigen, mehr Pflegekräfte und Lehrer werden benötigt, die Staustunden auf der Strasse steigen und immer mehr Energie wird benötigt. Die hohe Zuwanderung führt aber nicht zu einer Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt. Es kommen zu viele und es kommen die Falschen, 4 von 5 Zuwanderungen sind keine Fachkräfte.Unter den rund 52 800 Lernenden, die im Sommer 2017 eine Lehre begonnen haben, wurden bis und mit Ende 2021 knapp 12 000 vorzeitige Lehrvertragsauflösungen verzeichnet, eine Auflösungsquote von 22,4 Prozent. Im Kanton Zürich waren es 18,9 Prozent.

Auch wenn rund 80 Prozent von ihnen versuchen, mit einem Wiedereinstieg das Ruder herumzureissen, bleibt festzuhalten: Die hohe Zahl an Lehrabbrüchen gibt Anlass zur Sorge. Was sind die Gründe? Eine mögliche Erklärung für mich ist das heutige Schulsystem. War früher die Lehrperson die Autoritätsperson im Klassenzimmer, stehen heute mehrere Lehrpersonen, Heilpädagogen usw. im Klassenzimmer. Die Lehrkräfte versuchen unter schwierigen Bedingungen zu unterrichten, Fachpersonal kümmert sich um die Integration.

Leider haben derweil Pünktlichkeit, Fleiss und Disziplin nicht mehr den erforderlichen Stellenwert. In der Lehre müssen die Lernenden pünktlich sein, Durchhaltewillen zeigen und mit Kritik umgehen können. In vielen Fällen tut sich hier für die Jugendlichen eine neue Welt auf: die reale Welt unserer Leistungsgesellschaft. Der an der Schule vermittelte «Kompetenzenkatalog» nach neuem Lehrplan liefert nicht mehr die Grundlage für die Anforderungen an eine Berufslehre.

Wer sich für eine handwerkliche Lehre entscheidet, hat eine grosse Auswahl, um sich auch nach der Lehre weiterzuentwickeln. Auch ist die Arbeitsplatzsicherheit hoch. Sanitärberufe oder die Tätigkeit des Kaminfegers können nicht von der künstlichen Intelligenz ausgeführt oder in ein anderes Land ausgelagert werden.

Handwerk hat goldenen Boden

Wer eine Berufslehre macht, gibt durch harte Arbeit schon in der Lehre der Gesellschaft etwas zurück. Weiterbildungen sind oft nur mit Verträgen mit dem Arbeitgeber, welche auch Rückzahlungsmodalitäten enthalten, möglich. Uni-Studenten erhalten dagegen staatliche Unterstützung ohne Rückzahlungsverpflichtung. Angesichts des Fachkräftemangels ist es an der Zeit, über neue Lösungen zu diskutieren, das Geben und Nehmen neu auszuhandeln.

Unser Bildungssystem ist robust, aber zusehends überfordert, weil es mit zu viel Gewicht beladen wird. Ein Teil dieses Gewichtes ist auch die hohe Zuwanderung in unser Land. Sie kostet mehr, als sie bringt. Die Berufslehre braucht wieder ihre verdiente Wertschätzung, bevor uns die Lehrlinge ausgehen und unser Standortvorteil Bildung verloren geht.

Bruno Walliser

Kaminfegermeister, Nationalrat SVP

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