Berufsbildung von allen Seiten beleuchtet

Vertreter aus Berufsverbänden und Berufsbildung trafen sich auf Einladung der Berufsbildungskommission des KGV in der Berufsmaturitätsschule in Winterthur zum Erfahrungsaustausch mit Fokus Berufsbildung.

Bild Beat Deola

Beim Erfahrungsaustausch zur Berufsbildung in Winterthur.

Dieter Kläy, Ausschussmitglied des KGV und Kopf der Berufsbildungskommission (BBK) des KGV, begrüsste rund 30 Personen, vornehmlich Vertreterinnen und Vertreter von OdA (Berufsbildungsorganisationen) aus verschiedenen Branchen und dem Berufsbildungswesen.

Der Erfahrungsaustausch vom 17. März war in dieser Form eher ungewöhnlich: Das vom KGV geschaffene Gefäss diente als «Rahmen für den offenen Austausch», wie es Kläy bezeichnete. Koordinierend wirkt dabei die BBK, das «Soundingboard» zu Berufsbildungsfragen des KGV. Die BBK ist breit abgestützt durch Mitglieder aus den Branchen- und Berufsverbänden (OdA), dem Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA), dem Bildungsrat und den Berufsschulen. Sie setzt sich für die duale Berufsbildung ein und erarbeitet direkte Stellungnahmen und politische Positionen zuhanden des KGV. «Es ist uns ein Anliegen, den Dialog vermehrt mit den Berufsverbänden führen zu können», so Kläy. Das Gefäss des Erfahrungsaustauschs soll auch den Rahmen und Denkanstösse geben für einen individuellen Austausch zwischen Berufsbildungsverantwortlichen und Gewerbetreibenden, aber auch neuste Informationen zur Berufsbildung vermitteln.

Niklaus Schatzmann, Leiter des MBA, machte einen Tour d’Horizon durch aktuelle Projekte und Entwicklungen bei der Berufsbildung. So zeigte er anhand der Bildungsstatistik auf, dass nicht nur die Gymnasialquote, sondern auch die Berufsmaturitätsquote bei 20 Prozent liegt. Bei steigenden Jahrgangszahlen wies er auch darauf hin, dass bis 2040 knapp 10000 Lehrstellen fehlen werden. «Wir müssen etwas unternehmen, sonst laufen wir irgendwann gegen eine Wand.» Zwei Massnahmen, die der Regierungsrat 2021 einleitete, sollen dem entgegenwirken: die Stärkung der Berufsbildungsforen (runde Tische an den Schnittstellen der Berufsbildung) und die Lehrstellenförderung, darunter Projekte wie die Informationsplattform «Zukunft Zürich», in die der Kanton Zürich bis 2025 total 1 Million Franken investiert.

KMU, Eltern und Erwartungen

Barbara Jasch, Geschäftsführerin des Zürcher Lehrbetriebsverbands ICT (ZLI), stellte gleich klar: «Jede Branche hat andere Bedürfnisse und Erwartungen. Ziel ist es, den grössten gemeinsamen Nenner zu finden.» Sie formulierte einige Forderungen an die Bildungspolitik aus ICT-Sicht: Weil der Rahmenlehrplan 21 «allenfalls zu breit» sei, sollte der Fokus stärker auf die Grundkompetenzen in den Kernfächern gelegt werden.

Bild Mark Gasser

Dieter Kläy, Ausschussmitglied des KGV und Kopf der Berufsbildungskommission (BBK), bei seinen Begrüssungsworten.

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Niklaus Schatzmann, Leiter des MBA, machte einen Tour d’Horizon durch aktuelle Projekte und Entwicklungen bei der Berufsbildung.

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Barbara Jasch, Geschäftsführerin des Zürcher Lehrbetriebsverbands ICT (ZLI), formulierte einige Forderungen an die Bildungspolitik aus ICT-Sicht.

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Barbara Jasch, Geschäftsführerin des Zürcher Lehrbetriebsverbands ICT (ZLI), formulierte einige Forderungen an die Bildungspolitik aus ICT-Sicht.

Lernkompetenzen: Im aktuellen integrativen System sinke das Niveau desjenigen Teils der Klassen, der mehr Potenzial hätte. «Gerade unsere ICT-Lernenden müssen in der Lehre oft beginnen, zu lernen. Die mussten das vorher nicht, weil sie oft unterfordert waren.» Handkehrum scheiterten viele in der BMS, weil sie keine Lernstrategien hätten.

Im Anschluss entstand eine Diskussion um Kompetenzen bei Lehrbeginn über die zu erwartende Lernfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Forderungen an die Bildungspolitik wie fortschrittliche Lehrmittel bis hin zum Basislehrjahr. Eins stellte Niklaus Schatzmann jedoch zwischenzeitlich klar: «Es kann nicht Ziel sein, das schulische Angebot auszubauen.»

«Was hier fehlt, sind die Eltern», meinte ein Lehrlingsausbildner. Eltern spielten eine Rolle bei der Häufung der Absenzen. Weiter sollten Eltern besser aufgeklärt werden bezüglich Berufsbildungssystem, denn gerade sie seien im Berufswahlprozess oft skeptisch gegenüber der Qualität der Berufsausbildung.

Weiterbildung von Ausbildnern

Mit der Qualität der Berufsbildung in Unternehmen setzt sich Thomas Rentsch, Geschäftsführer des 2025 gegründeten Ver-eins SwissEduPro, auseinander. Swiss-EduPro arbeitet mit den Verbundpartnern zusammen, um ein weitreichendes Weiterbildungssystem für die betriebliche Ausbildung zu schaffen. Auf Initiative mehrerer Berufsverbände entstand das Projekt, das als Weiterbildungsgefäss Ausbildungsbetriebe unterstützen soll. Der Verein setzt nun das Projekt «Stärkung der betrieblichen Ausbildungskompetenz» aus der Initiative Berufsbildung 2030 um. Mit praxisnahen Werkzeugen und Weiterbildungsprogrammen sollen Ausbildende die nötige Unterstützung erhalten.

Autogewerbe im Metaverse

Zum Schluss tauchte Andreas Billeter vom Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS) in die virtuelle Realität ein. «SkillsCity», ursprünglich als «Pandemie-Idee» wegen der abgesagten Berufsmesse Zürich entstanden, ist die Antwort des Autoverbands auf die wachsenden 3D-Welten, in die gerade Jugendliche gern eintauchen. Mit Avataren kann man im Metaverse etwa Pneus wechseln oder ein Quiz lösen. Via Virtual Reality konnte «SkillsCity» dieses Jahr während der Berufsmesse in der Umweltarena einen permanenten digitalen Stand bereitstellen, das «Edugame». Die Firma SkillsCity World AG habe bereits mit der virtuellen «Raumplanung» begonnen, um weitere Berufe im Metaverse vorzustellen.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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