Business Agilität in Zeiten des Wandels

Die Arbeitswelt in radikaler Veränderung – wie lernen wir in Zeiten grosser Umbrüche? Urs Achermann von der KV Business School Zürich zeigt die Herausforderungen auf.

Urs Achermann

CEO KV Business School Zürich, ist seit über 20 Jahren Bildungsgestalter. Das Bildungsunternehmen begleitet Organisationen in ihrer gesamten Entwicklung hin zur (digitalen) Transformation.

Unsere Wirtschaft und Gesellschaft funktioniert sehr stark nach dem industriellen Mindset, welcher im 20. Jahrhundert den marktwirtschaftlich orientierten Volkswirtschaften Prosperität gebracht hat. Starre Systeme definieren einheitliche und skalierbare Prozesse, welche Arbeitskräften klare Funktions- und Aufgabenbereiche zuordnen. Qualität ist, wenn die vorgegebenen Parameter richtig umgesetzt werden. Entsprechend wurden Menschen in den Schulen auf diese Anforderungen vorbereitet: Nach Vorgabe Leistungen fehlerfrei und in Einzelarbeit erbringen. Wer das gut kann, macht Karriere. Diese, den Menschen zugeordneten Aufgabenbereiche, deren Essenz darin liegt, wiederkehrende Aufgaben in immer gleicher Qualität abzuliefern, werden nun vermehrt outgesourct. Entweder zu Menschen, die diese Aufgaben viel günstiger erbringen (Globalisierung) oder zu Maschinen (Automatisierung und Digitalisierung). Der Mensch mit seinen, im Vergleich zur künstlichen Intelligenz, begrenzten Möglichkeiten, erhält so in der Arbeitswelt 4.0 neue Aufgabenfelder. Diese neuen Aufgabenfelder orientieren sich an den Fähigkeiten und Fertigkeiten, die den Menschen im Verhältnis zu den Maschinen im Vorteil sehen. Dazu gehören u.a. führen, improvisieren, gestalten, beurteilen und Empathie zeigen, somit vor allem Kompetenzbereiche, die den Beziehungsaufbau und die Beziehungspflege betreffen.

Aktuelle Situation
Mit der Automatisierung, mit der digitalen Transformation und mit der Covid-Pandemie ist vor allem folgende Indikation verbunden: Eine enorme Zunahme von Komplexität. Joachim Funke beschreibt Komplexität u.a. mit einer grossen Anzahl von Variablen, welche die Problemsituation beschreiben. Dazu kommt die starke Vernetzung der beteiligten Variablen – also gegenseitige Abhängigkeiten. Durch die hohe Dynamik der Problemsituation entstehen unvorhersehbare Änderungen. Aufgrund all dieser Eigenschaften zeichnet sich ein komplexes System dadurch aus, dass es durch Selbstorganisation zu Emergenz fähig ist. Kurz: wo in der Vergangenheit Planbarkeit, Expertise und Kausalität unsere Arbeitsweise bestimmt haben, schaffen komplexe Lebens- und Arbeitssituationen vermehrt Verwirrung, Inneffizienz und Widersprüchlichkeit. Aus diesem Grund sind Belastbarkeit und Resilienz, Empathie und Achtsamkeit, Kontextualisierung und Lernfähigkeit, Transparenz, Intuition und Kollaboration von zentraler Bedeutung, um in zunehmender Komplexität bestehen zu können und wirksam zu sein. Bei permanenten Veränderungen liegt der Schlüssel zum Erfolg im Sinn bezogenen, kollaborativen, werteorientierten Arbeiten. Veränderung wird dabei zur Normalität. Die aktuelle Arbeitswelt verlangt sowohl von Individuen als auch von Organisationen ein Höchstmass an Agilität, Flexibilität und Resilienz – zusammengefasst: Lern- und Transformationsfähigkeit.

Wohin gehen wir?
In der Trend- und Zukunftsforschung wird mit dem Modell der Megatrends gearbeitet. Sie beschreiben und kategorisieren komplexe, langfristige Wandlungsprozesse mit enormen Ausmassen und Auswirkungen. Schenkt man diesen Zukunftsindikatoren Glauben, dann wird die Komplexität vor allem durch vermehrte Individualisierung (My Personal Why), Digitalisierung (Maschine als Experte und als Assistent) und Wissensexplosion (immer mehr Wissen in immer kürzerer Zeit) exponentiell getrieben. Es stellt sich die Frage, wie der Mensch mit seiner genetisch vorgegebenen «Hard- und Software» und im Leben entwickelten «Applikationen» und Fertigkeiten diese Komplexität zu managen vermag. Und dies auch in Teams und einer Organisation mit ihren bestehenden Strukturen, Prozessen und Kulturen einbringen kann. Der Meta-Megatrend wird dabei das Lernen sein. Nämlich die Anpassungsfähigkeit von Individuen, Teams und Organisationen, ja von einer gesamten Wirtschaft und Gesellschaft auf sich akzelerierend verändernde Rahmenbedingungen.

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